„Die aktivierten Fresszellen werden vom Tumor geradezu überrannt und auch die weißen Blutkörperchen sind im Kampf gegen die Metastasen zu schwach und müssten erst angekurbelt werden“, erklärt der Priv.-Doz. Dr. Matthias Preusser von der Central Nervous System Tumour Unit des Comprehensive Cancer Centers (CCC, auf dem Foto links). Untersucht wurde das Autopsiegewebe von Gehirnen mit Metastasen, die ursprünglich von Brust-, Lungen- oder Hautkrebserkrankungen stammten. Das sind auch die häufigsten Ursprungsherde. Hirnmetastasen entstehen dadurch, dass sie sich ausgehend von Tumoren in anderen Körperbereichen bis ins Gehirn verbreiten.
Die WissenschaftlerInnen stellten fest, dass die Metastasen im Gehirn zwar auf einen Wall von Fresszellen treffen, dieser aber zu schwach ist, um die Tumorbildung erfolgreich zu bekämpfen. Um das zu erreichen, müssen die Lymphozyten als zweite Instanz der Immunabwehr stärker aktiviert werden. Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, neue Therapiestrategien zu entwickeln, die dahin abzielen, die weißen Blutkörperchen oder andere Teile des Immunsystems stärker zu aktivieren – und zwar medikamentös wie zum Beispiel mit Antikörpertherapien oder Impfungen.
300 bis 400 PatientInnen mit Hirnmetastasen werden an der MedUni Wien jährlich behandelt. Die Standard-Behandlung ist in den meisten Fällen eine Bestrahlung des Kopfes bzw. Gesamtbestrahlung des Gehirns – mit gewissen Risiken und möglichen Nebenwirkungen. Nur in geringem Maße sind auch medikamentöse Behandlungsmethoden bei bestimmten Krebsentitäten verfügbar. Preusser: „Unsere Erkenntnisse könnten ein wichtiger Schritt in Richtung der Entwicklung solcher schonenderer Behandlungsmöglichkeiten sein.“ Erstautorin Dr. Anna Sophie Berghoff (auf dem Foto Mitte) stellte die Studienergebnisse auf dem Kongress der Europäischen Vereinigung der Neuro-Onkologen (EANO) in Marseille vor. Auch auf dem ESMO 2012 wird die CNS Tumours Unit mit aktuellen Forschungsergebnissen aufhorchen lassen. Der ESMO findet von 28. Dezember bis 2. Oktober im Austria Center Vienna statt. Weitere Infos: www.esmo.org
Characterization of the inflammatory response to solid cancer metastases in the human brain
Anna Sophie Berghoff, Hans Lassmann, Matthias Preusser, Romana Höftberger
Clin. Exp. Metastasis 2012; 10.1007/s10585-012-9510-4
Foto: CCC/Barbara Krobath