Als Highlight im Bereich der primären CNS Tumore präsentierte Martin van den Bent im Rahmen der Plenary Session die Langzeitergebnisse der von 1995 bis 2002 durchgeführten EORTC 26951 Studie zu adjuvanter PCV (Procarbazin, Lomustin, Vincristin) Chemotherapie plus Radiotherapie gegenüber Radiotherapie alleine in anaplastischen oligodendroglialen CNS Tumoren. Das mediane Progressions- freie Überleben wie auch das mediane Gesamtüberleben zeigten eine Verlängerung in der PCV plus Radiotherapie Kohorte (24.3 vs 13.21 Monate (p=0.52) bzw. 42.3 vs 30.6 Monate (p=0.60). In PatientInnen mir einer Co-Deletion 1p19q zeigte sich ebenfalls eine Überlegenheit der Kombination von PCV mit Radiotherapie in Bezug auf das Gesamtüberleben, nicht jedoch in Patienten ohne 1p19q Co-Deletion. In weiterer Folge wird nun diskutiert ob PCV oder Temozolomid als chemotherapeutischer Partner einzusetzen ist.
In der oral Abstract Session folgten weitere neue Studienergebnisse. Wolfgang Wick präsentierte die Ergebnisse des NOA-08 Trials, welcher die Effizienz und Sicherheit von Temozolomid im Vergleich zu Radiotherapie bei PatientInnen über 65 Jahre mit Glioblastom oder anaplastischen Astrozytom untersuchte. Ziel der Studie war es die Gleichwertigkeit bzw. die „non-inferiority“ von Temozolomid gegenüber alleiniger Radiotherapie zu demonstrieren. Das mediane Gesamtüberleben unterschied sind nicht zwischen den beiden Therapiegruppen. Ausmaß der Resektion sowie DNA repair Protein O6 -methylguanine DNA-methyltransferase
(MGMT) Promotor Methylierung zeigten einen signifikanten Einfluss auf das Event-freie als auch auf das Gesamtüberleben. In der PatientInnenkohorte mit MGMT Methylierung zeigte sich weiters eine Überlegenheit von Temozolomid gegenüber Radiotherapie (8.4 vs 4.6 Monate), wohingegen in der PatientInnenkohorte ohne MGMT Methylierung die Radiotherapie überlegen war (4.6 vs 3.3 Monate). Der MGMT Methylierungs Status könnte daher in Zukunft als pediktiver Marker für die Therapieentscheidung zwischen Radio- und Chemotherapie bei älteren Glioblastom Patienten dienen, wobei die Frage der Verlässlichkeit der Testmethode vor dem systematischen Einsatz im klinischen Alltag zu klären ist.
Arnab Chakravarti präsentierte eine überarbeite Version der RTOG (Radiation Therapy Oncology Group) Recursive Partitioning Analysis (RPA) zur prognostischen Evaluierung von Glioblastom PatientInnen. Die bisher etablierte Version inkludierte vor allem klinische Variablen, daher erfolgte nun die Erweitung um molekulare Faktoren wie pAKT, c-met, and MGMT Methylierung, IDH Mutation und mRNA Profil. Durch die Hinzunahme dieser molekularen Faktoren konnte ein noch robusteres, prognostisches RPA Model generiert werden, welches nun in weiteren Kohorten validiert werden wird.
Eine in vitro Studie von Brian D. Vaillant et al zeigte neue Ergebnisse für die Signalweg Aktivität in mesenchymalen Subtyp der Glioblastome. Es konnte eine wichtige Rolle des NFkB Signalwegs zeigt werden, welcher unter anderem von Microgliazellen aktiviert wird. So führte eine Zugabe von Supernatant aus einer aktivierten Microglia Zellkultur zu einem Zellwachstum, wohingegen die Zugabe eines Microgliainhibitors zu einer Reduktion führte. Zusammenfassend konnte die Bedeutung des NFkB Signalwegs im mesenchymalen Subtyp der Glioblastome gezeigt werden und es bedarf weiterer Studien diese Information für neue Therapiestrategien zu nutzen.
Mark R. Gilbert präsentierte die Ergebnisse einer randomisierten Phase II Studie zur Kombination von Dosis intensiviertem Temozolomid mit Permutationen von Thalidomid, Isotretinoin und/oder Celecoxib bei neu diagnostiziertem Glioblastom. Für keine der Kombinationen konnte eine statistisch signifikante Überlegenheit in Bezug auf das Gesamtüberleben beobachtet werden. Für die Kombinationstherapie von Temozolomid mit Isotretinoin zeigte sich ein inferiores Überleben im Vergleich zu Temozolomid alleine (21.2 vs 11.7 Monate; p=0.037). Für die triple Kombinationen konnte im Vergleich zu den zweifach Kombinationen ein Trend in Bezug auf das Gesamtüberleben beobachtet werden. In Bezug auf das Nebenwirkungsprofil zeigten sich, wie erwartet, zahlreiche Grad 3-4 Neuropenien.
Wenting Wu präsentierte eine Studie zum Zusammenhang von Progression freien Überleben und Gesamtüberleben bei Glioblastom Patienten. Analysiert wurden die Daten von insgesamt 5 rezenten Temozolomid evaluierenden, klinischen NCCTG Studien. Insgesamt zeigte sich eine starke Assoziation zwischen Progression-freien und Gesamtüberleben auf der individuellen Patientenebene, allerdings nur einer moderater Zusammenhang auf Studienebene. Es bedarf daher weiterer Validierungen um das Progressions-freie Überleben als primären Studienendpunkt für klinische Glioblastsom Studien zu unterstützen.
Brian Michael Alexander postulierte das Bayesian-basierte Trial Design als klinisches Studien Design für Phase II Studien. Das Bayesian-basierte Trial Design ermöglicht ein flexibleres Studiendesign mit einem Single multi-arm Protokoll. Die Patientendaten werden kontinuierlich erfasst und die Schließung uneffektiver Therapiearme erfolgt früher. Zur Validierung dieses Modells wurden 4 Phase II Studien mit verschiedenen Therapieansätzen bei Glioblastom Rezidiv herangezogen. Hätte man das Bayesian-basierte Trial Design auf besagte Studien angewendet, wäre Bevazizumab als effizienteste Therapie identifiziert worden, jedoch 30 Patienten weniger insgesamt eingeschlossen worden ohne dass es hierdurch zu einer Abnahme der statistischen Power gekommen wäre. Zusammenfassend könnte das Bayesian-basierte Trial Design daher für zukünftige Phase II Studien bei Glioblastomen eine mögliche Alternative darstellen.
Weitere Arbeiten widmeten sich den primären CNS Lymphomen. Richard Charles Curry präsentierte eine multicenter Phase II Studie zu dosisreduzierter Ganzhirnbestrahlung gefolgt von Methotrexat, Rituximab, Procarbazine, Vincristin und Cytarabine (R-MPV-A) bei neu diagnostiziertem primären CNS Lymphom. Nach einen Nachbeobachtungszeitraum von 6 Jahren war das mediane Gesamtüberleben noch nicht erreicht (3 Jahres Überleben 88%). In der neuropsychologischen Testung zeigten die Patienten eine Vergessung in Hinblick auf exekutive Funktionen als auch auf Sprachgedächtnis nach Induktionstherapie. Die Dosis reduzierte Ganzhirnbestrahlung kann somit als effektiv und sicher angesehen werden. Eine randomisierte Studie der RTOG wird in weiterer Folge das R-MPV-A Regime mit und ohne Dosis reduzierter Ganzhirnbestrahlung evaluieren. Patrick Roth präsentierte eine weitere Studie zu primären CNS Lymphomen bei Patienten über 70 Jahre in der G-PCNSL-SG-1 Studie. Verglichen wurde das Gesamtüberleben von mit Hochdosis Methrotrexat und Radiotherapie behandelten Patienten über bzw. unter 70 Jahren bei Erstdiagnose. Die ältere Kohorte zeigte eine schlechteres Ansprechen auf Hochdosis Methrotrexat Therapie, eine höhere Rate an Grad 3-4 Leukopenien sowie auch eine häufigeres Versterben während der Therapie. Weiteres zeigte ich in der Kohorte der über 70-jährigen PatientInnen ein kürzeres Progressions-freie als auch Gesamtüberleben. Antonio Marcilio Padula Omuro präsentierte eine weitere Phase II bei primären CNS Lymphomen. Untersucht wurde die Kombination von Rituximab, Methrotrexat, Procarbazine und Vincristin (R-MPV) gefolgt von Hochdosis Chemotherapie und autologer Stammzelltransplantation bei neu diagnostiziertem primären CNS Lymphom. Ingesamt zeigte dieses Therapieregim eine Verbesserung des Gesamtüberlebens gegenüber früheren Studien mit einem 2 Jahres Überleben von 76%. Allerdings zeigte sich auch eine höhere Toxizität und 2/32 PatientInnen verstarben an Therpiekomplikationen. Daher sind weitere Studien zu dieser Kombination nötig.
Als letzten Beitrag in der oral Session präsentierte J. Gregory Cairncross die Langzeitergebnisse der RTOG 9402, einer Phase III Studie zu Chemotherapie plus Radiotherapie im Vergleich zu Radiotherapie alleine bei anaplastischen Oligodendrogliomen. Ähnlich wie bei der Ergebnissen der EORTC 26951 Studie zeigte seine eine Überlegenheit der Kombinationtherapie, vor allem in der Subpopulation mit 1p19q Co-Deletion, nicht jedoch in der Subpopulation ohne 1p19q Co-Deletion. Im Weiteren werden sich nachfolgende Studien mit der optimalen Chemotherapie Kombination befassen.
Die CNS Tumor Unit des CCC war mit insgesamt 3 Orginalarbeiten vertreten.
Ayseguel Ilhan-Mutlu präsentierte in der Rahmen der Central Nervous System Tumors Poster Diskussion eine Studie zur microRNA Analyse bei Glioblastomen. Von einem Patienten waren Blutabnahmen 12, 42 und 72 Monate vor der Erstdiagnose des Glioblastom verfügbar. In der micro RNA Analyse zeigte sich bereits vor der Erstdiagnose eine Aufregulation der microRNA-21 und microRNA-let7, nicht jedoch von S100B, NPY, SCGN, microRNA 128 und microRNA 342-3p im Vergleich zu einem Vergleichkollektiv ohne maligne Erkrankung. Die Aufregulation der microRNA-21 und microRNA-let7 könnten daher bereits präklinisch mit der Entwicklung eines Glioblastoms assoziiert sein.
Anna Sophie Berghoff präsentierte eine retrospektive Analyse von singulären cerebralen Metastasen mit neurochirurgischer Resektion als Erstlinientherapie. Patienten mit einem großen über 1 cm, die Mittellinie überschreitenden, peritumoralen Ödem zeigten ein signifikant längeres Gesamtüberleben. Histologisch wiesen Patienten mit einem großen peritumoralen Ödem eine höhere intratumorale Gefäßdichte auf.
Birgit Flechl stelle eine Arbeit zur Lebensqualität der „end of life“ Phase von Glioblastom Patienten sowie deren Angehörigen vor, welche aufzeigt, dass sich bis zu einem 2/3 der pflegenden Angehörigen von Glioblastom Patienten überfordert fühlen.
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